Verhandlungsvorbereitung in 3 Schritten

15. Dezember 2023By Anita BleikerIn Negotiation

Wie du dich auf Verhandlungen vorbereitest, damit du diese mit links meisterst!

Bist du jemand, der sich auf Verhandlungen freut und davon überzeugt ist, gut zu verhandeln? Oder gehörst du zu denen, die in der Nacht vor wichtigen Verhandlungen wach liegen und sich nichts mehr wünschen, als dass der nächste Tag schon vorbei wäre? Egal zu welchem Typ Mensch du gehörst, gute Vorbereitungen können dein Leben verändern und genau dabei möchte ich dich unterstützen.

Schritt 1: Verhandlungsziel definieren

Als erstes ist es wichtig, dass du dein Verhandlungsziel festlegst. Überlege genau, was du aus der Verhandlung herausholen möchtest. Was ist wichtig, was ist unwichtig? Welches Ergebnis ist realistisch?
Bereite dich darauf vor, dass es möglicherweise mehrere Verhandlungsrunden geben wird. Sei jedoch nicht überrascht, wenn du dein Ziel schon nach dem ersten Gespräch erreicht hast.

Ein Beispiel aus meiner Erfahrung: Kürzlich hatten wir eine Verhandlung, bei der uns der Kunde ein finanzielles Ziel vorgegeben hatte. Wir mussten für ihn noch weitere CHF 70’000 einsparen. Also haben wir viel Zeit aufgewendet, eine entsprechende Strategie zu erarbeiten. Während der Verhandlung haben wir der Gegenpartei vorgerechnet, was es sie kosten würde, wenn der Deal nicht zustande käme, und schlugen vor, unserem Kunden 50 % dieser Kosten (CHF 120’000) als Einsparung anzubieten. Ohne Diskussion stimmten sie unserem Vorschlag zu. Es ist wohl unnötig zu erwähnen, wie überrascht wir alle waren. Das Gefühl, dass noch mehr möglich gewesen wäre, legte ich umgehend beiseite, denn das vorgegebene Ziel des Kunden war mehr als erreicht und alle waren happy!

Fazit: Bereite dich auf das Schlimmste vor und freue dich, wenn du dein Ziel mühelos erreichst!

Schritt 2: Research über Verhandlungspartner

Als Nächstes, solltest du Research betreiben. Dieser Punkt wird meiner Meinung nach oft unterschätzt. Finde heraus, wer deine Verhandlungspartner sind. Was macht ihr Unternehmen genau? Welche Ziele verfolgen sie? Was ist deren Vision? Wer sitzt am Verhandlungstisch? Was sind ihre persönlichen Ziele, Bedürfnisse, Prioritäten? Was sind ihre Rollen? Wie lange arbeiten sie bereits bei der Firma? Wo und was haben sie studiert? Je besser du dich vorbereitest, desto mehr Kontrolle wirst du in den Verhandlungen haben.

 In meinem Job habe ich täglich mit unterschiedlichen Menschen zu tun. Damit ich weiss, was mich in der Verhandlung erwarten könnte, betreibe ich im Vorfeld sehr viel Research. Wenn ich weiss, dass der Inhaber allein am Verhandlungstisch erscheint, werden die Verhandlungen wahrscheinlich angenehmer verlaufen, als wenn der kürzlich eingestellte Einkaufschef ebenfalls dabei ist. CFOs verhandeln anders als Head of Marketing oder HR; erfahrenere Menschen sind meist entspannter als jüngere, die sich (noch) beweisen müssen.

Fazit: Man kann nie genug über sein Gegenüber wissen.

Schritt 3: Verhandlungsstrategie erarbeiten

Schliesslich solltest du eine Verhandlungsstrategie entwickeln. Überlege, ob du das erste Angebot machen möchtest oder ob es besser ist, dies der anderen Seite zu überlassen. Es gibt verschiedene Theorien dazu, und aus meiner Sicht gibt es kein richtig oder falsch, da es stark von der jeweiligen Situation abhängt. Einige Expert*innen sind grosse Fans davon, möglichst viele Punkte aufzubringen, um während der Verhandlung bei weniger wichtigen Punkten nachgeben zu können. Andere Verhandlungsführer*innen bevorzugen es, nur wenige Punkte zu verhandeln und bei denen hart zu bleiben. Ich persönlich überlege vor jeder Verhandlung, was für die aktuelle Verhandlungssituation am besten passt.

Frage dich immer, was die Stärken und Schwächen deiner Verhandlungsposition sind. Betone deine Stärken und entwickle Lösungsansätze für die Schwächen. Was sind die Stärken und Schwächen der Gegenpartei? Bei welchem Angebot schlägst du sofort zu? Wann sind die Verhandlungen gescheitert? Was sind deine Alternativen, wenn der Deal nicht zustande kommt? Was sind die Alternativen der anderen Seite?

Ein Kunde, für den wir einen neuen Bürostandort in Zürich suchten, zeigte Interesse daran, eine Liegenschaft in der Innenstadt zu mieten. Wir wurden informiert, dass zwei weitere Interessenten im Rennen waren. Unser Kunde war skeptisch und meinte, dass es sich hierbei wohl um eine gängige Aussage von Immobilienmaklern handle. Er drängte auf intensive Verhandlungen. Wir wussten, dass die Auswahl an vergleichbaren Objekten aufgrund der angespannten Marktsituation begrenzt war und pflegten zudem eine gute Beziehung zum Vermarkter der Liegenschaft. Zum Glück konnten wir unseren Kunden davon überzeugen, dass tatsächlich weitere ernsthafte Interessenten existierten und fokussierten uns in der Verhandlung daher auf die Schlüsselpunkte. Wir konnten nicht nur den Deal unterzeichnen, sondern sogar Einsparungen für unseren Kunden erzielen. Hätten wir viel Zeit für die Verhandlungen aufgewendet, wäre der Eigentümer wohl mit einem der anderen Interessenten fortgefahren.

Fazit: Sei dir jederzeit über deine Position im Klaren und passe deine Strategie entsprechend an.

Grundsätzlich ist es wichtig, mit einer neugierigen und offenen Einstellung in die Verhandlung zu gehen. Sei flexibel in Bezug auf dein Gegenüber, den Verlauf der Verhandlungen und auch das Ergebnis der ersten Gespräche. Halte deine Emotionen im Griff und trage aktiv zu einer guten Atmosphäre in den Verhandlungen bei. Bleibe «freundlich im Ton, aber bestimmt in der Aussage».

Meistens kommt es zu mehreren Verhandlungsrunden. Deshalb ist es wichtig, die besprochenen Punkte zu dokumentieren und sie im Anschluss an das Gespräch an die Teilnehmer*innen zu senden. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, wer das Protokoll führen sollte. Ich persönlich mache das gerne selbst, denn so habe ich die Kontrolle darüber, was notiert wird und was nicht. Selbstverständlich überlasse ich es der Gegenpartei, ihre Ergänzungen hinzuzufügen.

Plane ausreichend Zeit für die Verhandlung ein, um zu vermeiden, dass aufgrund von Zeitdruck falsche Kompromisse eingegangen werden.

Mehr braucht es aus meiner Sicht gar nicht. Geh in die Verhandlung rein, hab Spass und versuche, so viel wie möglich daraus zu lernen!