Small Talk – ja oder nein?
Was alles zu den Verhandlungen gehört und wann sie beginnen
Kürzlich wurde ich gefragt, wie man Verhandlungen am besten beginnt. Sollte man Small Talk führen oder lieber darauf verzichten? Diese Frage regte mich dazu an, den heutigen Blog zu verfassen. Während ich verstehe, was die Person wissen wollte, bin ich der Überzeugung, dass Verhandlungen bereits viel früher beginnen als erst am Verhandlungstisch.
Jede Handlung im Zusammenhang mit einem potenziellen Geschäft gehört bereits zu den Verhandlungen. Je nachdem, wie sich Käufer*in und Verkäufer*in im ersten Gespräch verhalten, können Rückschlüsse auf das Interesse gezogen werden und dies beeinflusst die Verhandlungsbereitschaft des Gegenübers.
Beispiel aus der Praxis:
Letzten Dezember erhielten wir die Anfrage eines Kunden, ob wir bis Jahresende einen Vertrag für ihn verhandeln könnten. Da es bereits eine Woche vor Weihnachten war, teilten wir ihm mit, dass dies nicht realistisch erscheine. Er meinte, dass es nicht mehr viel zu tun gäbe, der Vertragsentwurf bereits vorliege und sein Management nur noch wolle, dass wir die besten Konditionen aushandeln. Wir waren etwas erstaunt, dass bereits ein Vertragsentwurf vorlag, obwohl der Kunde betonte, dass noch nichts verhandelt worden sei. Was er in diesem Moment nicht verstanden hatte, war, dass sein erster Anruf, die Besichtigungen und schliesslich die Bestellung des Vertragsentwurfs bereits Teil der Verhandlungen waren. Der Vertrag an sich ist lediglich ein rechtlich bindendes Dokument, das die zuvor ausgehandelten Konditionen schriftlich festhält.
Aus unserer Sicht waren die Verhandlungen über die Vertragskonditionen technisch bereits abgeschlossen. Der Kunde hingegen sah dies anders und teilte uns mit, dass das Management mindestens weitere CHF 250‘000 einsparen müsse. Nach langem Hin und Her sagten wir zu und schauten uns den Vertragsentwurf an. Wie sich herausstellte, gab es kaum mehr Verhandlungsspielraum, da die Gegenpartei diesen bereits komplett ausgeschöpft hatte und unser Kunde kein zusätzliches Budget hatte. Bedauerlicherweise scheiterte der Deal, da das Management keine Zustimmung erteilte.
Fazit: Die Verhandlungen begannen lange vor unserem Mandatsbeginn und alle involvierten Parteien hätten sich viel Zeit sparen können, wenn sie sich auf gut vorbereitete Verhandlungen und eine klare Verhandlungsstrategie geeinigt hätten.
Zurück zur Frage, wie Verhandlungen eingeleitet werden sollen und ob Small Talk angebracht ist. Ich empfehle Verhandlungen an einem physischen Verhandlungstisch zu führen. Dies insbesondere, wenn es komplexe Verhandlungen sind und/oder einem die Gegenpartei wenig bekannt ist. So ist es möglich, bereits auf dem Weg von der Rezeption ins Verhandlungszimmer ein Gespür für die Stimmung zu entwickeln oder bereits etwas inoffiziell anzudeuten oder abzufragen. Ob und in welchem Masse man sich selbst in die Karten schauen lassen möchte, hängt von der jeweiligen Situation ab.
Small Talk gehört zum Aufbau und zur Pflege von Beziehungen und ist äusserst empfehlenswert. Genau darum geht es auch in meinem nächsten Blog.